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Klavierspüren, Kalligrafie, Tai Chi im Fließen der Energie 21.07.2016 | Ein Beitrag von Ines Wagner
Was vereint nach japanischem Kulturverständnis Klavierspiel, Tai Chi und Kalligrafie? Schon lange hatte die in Tokyo geborene Pianistin die Idee für ein ganzheitliches Seminar. Denn Klavierspiel ist weit mehr als Begabung, Technik und Fleiß. Ein technisch perfektes Spiel führt durchaus zum Erfolg. Aber vermag es darüber hinaus auch, die Zuhörer wahrhaft zu berühren, die Seele der Musik zu transportieren? In der japanischen Kultur ist das Spielen eines Instrumentes nie nur das Spielen eines Instrumentes, das Malen eines Zeichens nie nur das Malen eines Zeichens. Alles hat eine tiefe Bedeutung. In Allem ist das Fließen von Energie. Es lässt den Menschen Eins werden. Mit sich und der Umgebung, dem Horizont, dem Vogel, dem Vollmond. Die Kraft, die sich daraus schöpft, fließt in allen Bereichen der japanischen Kultur. Sie fließt in der Musik gleichermaßen wie im Tanz, der Kunst des Bogenschießens, der Kalligrafie und den japanischen Kampfkünsten.
Masako Ohta ist Eins mit sich und dem Klavier. Das macht ihr Spiel so einzigartig. Es berührt die Zuhörer auf tiefe, intensive Weise, neben der technischen Perfektion, die sie natürlich beherrscht. Wenn sie einen Schüler unterrichtet, nimmt sie manchmal den Kalligrafiepinsel zur Hand, um einen Ton in malenden Bewegungen zu beschreiben. Oder sie zeigt eine Tai Chi Übung. Daher die Idee mit dem ganzheitlichen Seminar. Den Platz hat sie vor vier Jahren schließlich auch gefunden: Den Tannerhof in Bayrischzell. An diesem ruhigen Rückzugsort inmitten der Natur finden Künstler den Rahmen zum ungestörten Üben und Konzerte. Dort steht ein Bechstein-Flügel, dessen wunderbarer Klang von der ausgezeichneten Akustik des Saales getragen wird. Und ein Atelierhaus mit Blick über das weite Tal, in dem man sich mit Pinsel und Farben austoben kann. Masako Ohta ist momentan „Künstlerin in Residency“ am Tannerhof. Dort hat sie am vergangenen Wochenende ihr Seminar „Ganzheitliches Klavierspüren“ gehalten.
Um in sich hineinspüren zu können, muss man zuhören lernen. Masako Ohta spielt Töne, spielt kleine Stücke, liest ein Haiku über die Stille, die in einen Stein sickert. So sollen die Töne in uns hinein sickern. Es ist ein fast heiliger Moment, die Finger selbst behutsam auf den Bechstein-Flügel zu legen und den Tasten Töne zu entlocken. Masako Ohta zeigt uns, wie wir die Berührung der Tasten und die Vibration der Saiten und Töne spüren und uns mit dem Instrument verbinden. Jede Linie ist wie ein Atemzug
Dass all das unsere ganze Aufmerksamkeit und Präsenz erfordert, merken wir daran, dass wir am Abend einen Bärenhunger haben. Den stillt die biologische und regional orientierte Tannerhof Küche auf genussvolle Weise. In der Seminargruppe ist unterdessen eine schöne Harmonie entstanden. Die drei Tage waren intensiv und werden spürbar nachwirken. Im Rahmen des „Residency für Künstler“ gibt Masako Ohta zwei Konzerte, bei denen man dem Klavier nachspüren kann. |
© 2016: Beitrag von Ines Wagner http://www.kulturvision-aktuell.de/klavierspueren-kalligrafie-tai-chi-im-fliessen-der-energie/ PDF: Klavierspueren-Kalligrafie-TaiChi.pdf |